Wir nehmen nur uns selbst wichtig. Das ist das Kennzeichen der Ur-Unwissenheit, die die Wurzel des Ichs ist, das nur mit sich selbst als Mittelpunkt denken kann, als ob es das All wäre, und von dem, was nicht es selbst ist, nur so viel akzeptiert, als anzuerkennen es mental geneigt oder worauf Rücksicht zu nehmen es durch die Schockwirkungen seiner Umgebung gezwungen ist.
Wenn das Ich nun gar zu philosophieren beginnt, behauptet es dann nicht, die Welt existiere nur in seinem Bewußtsein und durch dieses? Die einzige Probe auf die Wirklichkeit sind ihm sein eigener Bewußtseinszustand oder seine mentalen Maßstäbe. Alles, was außerhalb dieses Gesichtskreises liegt, erscheint ihm leicht als falsch oder nicht-existent. Diese mentale Selbstgenügsamkeit des Menschen bewirkt ein System falscher Rechnungsführung, die uns davon abhält, dem Leben den rechten vollen Wert abzugewinnen.
Die Ansprüche des menschlichen Mentals und Ichs beruhen zwar in gewissem Sinn auf Wahrheit, aber diese Wahrheit tritt erst hervor, wenn das Mental seine Unwissenheit verstanden, das Ich sich dem All unterworfen und in ihm seine gesonderte Selbstbehauptung verloren hat. Denn das ist der Anfang wahren Lebens, das wir anerkennen: wir, oder vielmehr die Ergebnisse und äußeren Erscheinungen, die wir mit “wir” bezeichnen, sind nur eine Teilbewegung der unendlichen Bewegung, und dieses Unendliche ist es, das wir unbedingt erkennen, das wir bewußt sein und das wir mit voller Hingabe zur Erfüllung bringen müssen.
Der andere Teil der richtigen Abrechnung liegt in der Einsicht, daß wir in unserem wahren Selbst eins sind mit der Gesamtbewegung und ihr gegenüber nicht als von geringerem oder untergeordnetem Wert gelten. Das alles in der Art unseres Seins, Denkens, Fühlens und Handelns zum Ausdruck zu bringen, ist notwendig für die höchste Stufe eines wahren oder göttlichen Lebens. (Sri Aurobindo : Das Göttliche Leben, S. 91)